Verkehrswertgutachten

von bebauten und unbebauten Grundstücken zum Zweck der Kreditfinanzierung und Festlegen der Beleihungswertgrenzen für Gerichte, Banken, Eigentümer und Versicherungen oder für die Festsetzung des Verkehrswertes bei Vermögensfragen beispielsweise in Scheidungsfällen.

Wir erstellen auch Gutachten zu einzelnen wertbeeinflussenden Zustandsmerkmalen beispielsweise grundstücksbezogene Rechte. Darunter fallen insbesondere Rechte und Belastungen privatrechtlicher oder aber auch öffentlich rechtlicher Natur.

In eigener Sache: Da ich in der Vergangenheit die Erfahrung machen musste, dass sich eine Reihe von Sachverständigen bedenkenlos  EDV– und formulargestützten Berechnungsprogrammen bedient haben und eine schlüssige Begründung bei diesen Gutachten i.d.R. fehlte, möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass jedes Gutachten ein Individualgutachten ist und damit ist es ein Unikat. Es basiert auf einer ausgiebigen Recherche und verlangt ein hohes Maß an individuellen Überlegungen. Ein lediglich auf Basis eines PC-Programms erstelltes Gutachten hält einem Kontroll– oder Obergutachten nicht stand. Solche Gutachten sind nicht verwertbar und daher wertlos. Auf die möglichen Konsequenzen und Haftungsfolgen sei hier verwiesen.

Mit statistischen Berechnungen, wie beispielsweise mit der  Monte Carlo–Simulation, sind wir in der Lage strittige Eingangsparameter (Rohertrag, Bewirtschaftungskosten, Liegenschaftszinssatz, Bodenwerte, Restnutzungsdauer(n)) in ihren Auswirkungen auf den Ertragswert rechnerisch zu bestimmen und graphisch darzustellen. Sie sind regelmäßig Gegenstand von obergutachtlichen Überprüfungen. Damit können wir auch den wahrscheinlichsten Wert einer Liegenschaft ermitteln. Zur Veranschaulichung steht ein Auswertungsdiagramm basierend auf 10.000 Rechendurchläufen zum Download bereit.

 

Verkehrswert

Der Verkehrswert (Marktwert) eines Grundstücks ist im § 194 Baugesetzbuch (BauGB) eindeutig definiert als der Wert, der durch den Preis bestimmt wird, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach den rechtlichen Gegebenheiten und tatsächlichen Eigenschaften, der sonstigen Beschaffenheit und der Lage des Grundstücks oder des sonstigen Gegenstands der Wertermittlung ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre.

Wesentliche Grundlage für die Ermittlung des Verkehrswerts ist derzeit die  Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), die eindeutige Vorgaben hinsichtlich der Vorgehensweise enthält.

Verkaufswert, Schätzwert, Taxwert, etc. sind Begriffe, die immer wieder auftauchen, um den Wert eines Grundstücks zu definieren. Die Verwendung dieser Begriffe soll in aller Regel darüber hinwegtäuschen, dass die strengen Vorgaben der ImmoWertV (früher WertV 88)  sowie die klare Definition des Verkehrswerts im BauGB und die damit verbundene Haftung des Sachverständigen für sein Gutachten umgangen werden sollen.  So genannte "Gutachten" über Verkaufswert, Schätzwert, Taxwert, etc. sind oft das Papier nicht wert auf dem sie erstellt wurden. Meistens führt eine überschlägige Schätzung ohne sachverständige Recherche und Begründung der zu Grunde gelegten Eingangsdaten zu einem völlig falschen Ergebnis.

Der Verkehrswert (Marktwert) muss auch als solcher benannt sein!

 

Nachweis des niederen gemeinen Wertes §198 BauGB

Wegen der uneinheitlichen Handhabe der Finanzgerichte und Finanzämter in der Praxis wer Gutachten zur Vorlage bei den Finanzämtern erstatten darf, habe ich nachfolgenden Beitrag vom Dr. Wolf-Dietrich Droszol beigefügt. Der Beitrag kann im Online-Portal von Beck-Online nachgelesen werden. 

 

"Für den Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 S. 1 BewG) ist nach der Verwaltungsauffassung [Fn. 1: R B 198 Abs. 3 ErbStR 2011 (im Folgenden ErbStR).] regelmäßig ein Verkehrswertgutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erforderlich. Das Gutachten ist für die Feststellung des Grundbesitzwerts nicht bindend, sondern unterliegt der Prüfung und Beweiswürdigung durch das Finanzamt (FA). Enthält ein Gutachten Mängel (z.B. methodische Mängel oder unzutreffende Wertansätze), ist es zurückzuweisen; ein Gegengutachten des FA ist nicht erforderlich. [Fn. 2: R B 198 Abs. 3 S. 3 ErbStR 2011; ausf. dazu Jardin GuG 2015, 19.]

Alternativ (zum Gutachten) kommt als Nachweis auch ein stichtagsnaher Kaufpreis in Betracht. Verlangt wird ein Kaufpreis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag über das zu bewertende Grundstück zustande gekommen ist. [Fn. 3: R B 198 Abs. 4 ErbStR 2011; zu Einzelheiten s. Eisele ZEV 2014, 295.]

 

2. Wer darf Gutachten zum Zweck des § 198 BewG erstellen?

2.1 Gutachten von Gutachterausschüssen und Grundstückssachverständigen
Verlangt wird ein Gutachten des örtlichen Gutachterausschusses oder eines Grundstückssachverständigen. Gutachterliche Stellungnahmen weiterer Berufsgruppen, insbesondere von Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern, werden nach der Rechtsprechung des BFH [Fn. 4: BFH v. 10.11.2004 – II R 69/01, BStBl. II 2005, 259, ZEV 2005, 129 Anm Götz (zu § 146 Abs. 7 BewG aF).] nicht berücksichtigt. Begründet wird dies wie folgt: Mit der Nachweislast gemäß BewG obliege es dem Steuerpflichtigen, den Nachweis durch ein Gutachten so zu führen, dass ihm die Finanzgerichte ohne Bestellung weiterer Sachverständiger folgen könnten. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn Gutachten anderer Personen für den Nachweis durch den Steuerpflichtigen zugelassen würden, weil die Gerichte sich zu deren Überprüfung dann doch der Sachverständigen bedienen müssten. Den Steuerpflichtigen träfe im Ergebnis entgegen der gesetzlichen Wertung nicht mehr die Nachweislast, sondern allenfalls noch eine Darlegungs- und Feststellungslast.

2.2 Beschränkung auf Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen
Mit Urteil vom 11.9.2013 [Fn. 5: BFH v. 11.9.2013 – II R 61/11, BStBl. II 2014, 363, ZEV 2014, 55 Ls.] verschärfte der BFH für den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts die subjektiven Anforderungen an ein Sachverständigengutachten. Der Sachverständige müsse ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger (öbvS) sein. In der Begründung knüpft er an seine Entscheidung vom 10.11.2004 an. Die weitere Schlussfolgerung bleibt jedoch rätselhaft; sie war nach dem Ausgangssachverhalt nicht erforderlich. Im Streitfall (im Verwaltungsverfahren) war das Gutachten von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und nicht von einem Grundstückssachverständigen erstellt worden.

Die Finanzverwaltung ist, was die Beschränkung der Gutachten betrifft, dem BFH nicht gefolgt. In gleich lautenden Erlassen vom 19.2.2014 [Fn. 6: BStBl. 2014 I, 808.] haben die obersten Finanzbehörden der Länder klargestellt, dass der Nachweis regelmäßig durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder eines Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken erbracht werden kann. Dies gelte, nicht zuletzt aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen, ins- besondere für inhaltlich mängelfreie Gutachten eines nach der DIN EN ISO/IEC 17024 zertifizierten Sachverständigen für die Bewertung von Grundstücken.

Diese Erlasse binden jedoch nur die Finanzämter; sie konnten nur ein Fingerzeig an die Finanzgerichte (FG) sein, das BFH-Urteil noch einmal zu hinterfragen. Die FG sind jedoch – zumindest teilweise – dem BFH gefolgt. [Fn. 7: So das FG Berlin-Brandenburg v. 10.6.2015 – 3 K 3151/13, EFG 2015, 1593, ZEV 2015, 603 Ls.; v. 17.1.2018 – 3 K 3178/17, BeckRS 2018, 4489, ZEV 2018, 357 Ls.] Dieser hat jetzt die Gelegenheit, in einem Revisionsverfahren [Fn. 8: Az. BFH: II R 9/18 – Revision gegen FG Berlin-Brandenburg (Fn. 7), BeckRS 2018, 4489.] neu zu entscheiden. Das FG Berlin Brandenburg [Fn. 9: FG Berlin-Brandenburg (Fn. 7), BeckRS 2018, 4489.] hatte entschieden, dass das Gutachten eines Sachverständigen, der nicht öffentlich bestellt und vereidigt war, als Nachweis nicht geeignet sei. Nur bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen habe – so das FG – eine neutrale Stelle deren Kompetenz geprüft, und nur diese machten sich aufgrund ihrer Vereidigung bei vorsätzlich oder fahrlässig falschen Gutachten wegen Meineid oder fahrlässigem Falscheid strafbar. Eine Zertifizierung durch eine private Organisation bürge nicht in gleicher Weise für die Fachkompetenz, da der Standard einer solchen Organisation für die Gerichte nicht ohne weiteres ersichtlich und überprüfbar sei.

2.3 Einige Fakten zur öffentlichen Bestellung
Grundlage für die öffentliche Bestellung von Sachverständigen sind die §§ 36, 36a GewO. Sie setzt eine besondere Sachkunde und die persönliche Eignung voraus. Die öffentliche Bestellung erfolgt durch die Industrie- und Handelskammern. [Fn. 10: Vgl. dazu Schlehe GuG 2015, 327.] Dessen Dachverband DIHK hat hierzu ua eine Mustersachverständigenordnung herausgegeben. Die Kammern haben für die Prüfung des Bewerbers ua Fachgremien eingerichtet.

Die öffentliche Bestellung wird regelmäßig befristet (5 Jahre) erteilt. Zur Qualitätssicherung werden die öffentlich bestellten Sachverständigen von den IHK überwacht. [Fn. 11: Schlehe GuG 2015, 327.] Die Bezeichnung „öf- fentlich bestellter Sachverständiger“ ist vor unbefugter Verwendung gem. § 132a Abs. 1 Nr. 3 StGB strafrechtlich geschützt. Derzeit sind lt. einem bundesweiten Sachverständigenverzeichnis [Fn. 12: Vgl. https://svv.ihk.de/content/home/home.Ihk (zuletzt abger. am 17.6.2019).] mehr als 1100 Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken öffentlich bestellt.

2.4 Gutachterausschüsse als Sachverständige
Ausdrücklich sehen BFH und FG auch die Gutachterausschüsse, die bei Kommunen und Landkreisen gebildet werden, als fachlich geeignet an, Verkehrswertgutachten für Zwecke des § 198 BewG zu erstatten. Die Gutachtentätigkeit gehört zu den gesetzlichen Aufgaben der Gutachterausschüsse (§ 193 Abs. 1–4 BauGB). Auch die Zivilgerichtsbarkeit sieht in den von den Gutachterausschüssen erstatteten Verkehrswertgutachten einen Sachverständigenbeweis i.S.d. Prozessrechts. [Fn. 13: BGH v. 23.1.1974 – IV ZR 92/72, BGHZ 62, 93, NJW 1974, 701.] Neben ihrer Gutachtentätigkeit führen diese Ausschüsse die Kaufpreissammlung, ermitteln Bodenrichtwerte und die sonstigen für die Verkehrswertermittlung erforderlichen Daten, z.B. Liegenschaftszinssätze, Sachwertfaktoren, Vergleichsfaktoren für bebaute Grundstücke (§ 193 Abs. 5, § 195 BauGB). In diesem Bereich handeln die Gutachterausschüsse als sachkundige Gremien, deren Beschlüsse und Ermittlungsergebnisse nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sind. [Fn. 14: Zu den Bodenrichtwerten s. BFH v. 11.5.2005 – II R 21/02, BStBl. II 2005, 686, ZEV 2005, 534 mAnm Schmid; v. 12.7.2006 – II R 1/04, BSt-Bl. II 2006, 742, ZEV 2006, 518; v. 16.12.2009 – II R 15/09, BFH/NV 2010, 1085, BeckRS 2009, 25016095.]

Hinweis:
Zu bedenken ist aber, dass Organisation, Arbeitsweise und – folglich – auch die Qualität der Gutachterausschüsse sehr unterschiedlich sind. So werden in Nordrhein-Westfalen Gutachterausschüsse bei den kreisfreien Städten und Landkreisen gebildet, während in Baden-Württemberg auch kleinere Gemeinden ihren eigenen Gutachterausschuss haben.

2.5 Beschränkung auf öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige kein fester Grundsatz des Verfahrens- und Prozessrechts


Eine starre Regelung, die lediglich die Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter zulassen, ist dem Verfahrens- und Prozessrecht fremd:

(1) So regelt § 92 AO (AO = Abgabenordnung) die Beweismittel für das Verwaltungsverfahren und benennt nur die Sachverständigen als Gruppe. § 96 AO regelt näher die Hinzuziehung von Sachverständigen, wobei nur an einer Stelle zwischen den öffentlich bestellten und den übrigen Sachverständigen differenziert wird: Nur die öffentlich bestellten Sachverständigen haben einem Gutachtenauftrag Folge zu leisten (§ 96 Abs. 3 AO).

(2) Nach §82 FGO sind, soweit die §§83 bis 89 FGO keine abweichende Regelung enthalten, für das finanzgerichtliche Verfahren die Vorschriften der ZPO sinngemäß anzuwenden. Zu diesen gehört §404 ZPO, der die Auswahl gerichtlicher Sachverständiger regelt. Nach §404 Abs. 2 ZPO sind zwar öffentlich bestellte Sachverständige vorrangig zu bestellen. Es handelt sich jedoch um eine reine Ordnungsvorschrift, die auch die Bestellung anderer Sachverständiger im Rahmen des Auswahlermessens des Gerichts nicht ausschließt. [Fn. 15: OLG Düsseldorf v. 1.6.2012 – 22 U 159/11, NJW 2013, 618 mwN; s. dazu auch Neuhaus/Krause MDR 2006, 605 (607).] Nach den Feststellungen des Verfassers handhaben die ordentlichen Gerichte die Bestellung von Gutachtern eher flexibel. Ist ein Gericht von der Sachkunde eines Sachverständigen überzeugt, wird es ihn beauftragen, auch wenn er nicht öffentlich bestellt ist.

Die Besonderheit des § 198 BewG ist, dass der niedrigere gemeine Wert eines Grundstücks nicht von Amts wegen bei der Grundstückswertfeststellung berücksichtigt wird, der Steuerpflichtige vielmehr nachweispflichtig ist. Fraglich ist, ob die subjektiven Anforderungen an die Sachverständigengutachten durch die Vorschrift gegenüber anderen Regelungen verschoben werden. Dem BFH und den FG geht es um den Sachkundenachweis, der formal nach außen manifestiert sein muss. Traditionell gilt er bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen als erbracht. Neben den öbvS gibt es jedoch auch andere Sachverständige, die ähnlichen Berufszugangsvoraussetzungen unterliegen wie die öbvS und einen vergleichbaren Sachkundenachweis erbringen können. Dies sind die zertifizierten Sachverständigen.

 

2.6 Behandlung der zertifizierten Sachverständigen

Außerhalb der öffentlichen Bestellung von Sachverständigen besteht eine formalisierte Anerkennung von Kompetenzen im Wege der Zertifizierung. Sie erfolgt nach der(internationalen) Norm ISO/IEC 17024, die als DIN übernommen wurde, durch die sog. Kompetenzbewertungsstellen (Zertifizierungsstellen). Es handelt sich hier um private, nicht staatliche Einrichtungen. Ein Teil der Zertifizierungsstellen wurde durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAKKS) für ihre Aufgabe akkreditiert. Die DAKKS besteht in der Rechtsform einer GmbH und handelt als Beliehene hoheitlich. Grundlage für ihr Tätigwerden ist das Gesetz über die Akkreditierungsstelle (AkkStelleG). [Fn. 16: V. 31.7.2009, BGBl. 2009 I, 2625, zul. geänd. durch Gesetz v. 11.12.2018, BGBl. 2018 I, 2354.] Anlass für die Bildung der DAKKS und die gesetzlichen Regelungen zur Akkreditierung gab die europäische Verordnung (EG) Nr. 265/2008. [Fn. 17: V. 13.8.2008, ABl EU L 218/30.]


Akkreditierung i.S.d. genannten EU-Verordnung und des AkkStelleG ist eine formalisierte Kompetenzfeststellung von Stellen, die Konformitätsbewertungstätigkeiten durchführen, z.B. Zertifizierungs- und Prüfstellen. [Fn. 18: S. Begründung zum AkkStelleG, BT- Drs. 16/12983, 6.] Im Rahmen der Konformitätsbewertung wird dargelegt und bestätigt, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung spezifizierten Anforderungen entspricht. Die Anforderungen können in Rechtsvorschriften oder nicht verbindlichen technischen Normen [Fn. 19: So z.B. der DIN ISO/IEC 17024.] enthalten sein. Die Akkreditierung dient der Bestätigung der Kompetenz und Qualität einer Konformitätsbewertungsstelle in Bezug auf die Durchführung bestimmter Konformitätsbewertungstätigkeiten. Sie ist die Bestätigung – so die Gesetzesbegründung [Fn. 20: BT-Drs. 16/12983 aaO.] –, dass eine Konformitätsbewertungsstelle in einem bestimmten Fachbereich die hinreichende Fachkunde, die Zuverlässigkeit und Unabhängigkeit (Kompetenz) und das Personal hat, um Konformitätsbewertungen entsprechend den Vorgaben durchzuführen.

Wird ein Sachverständiger von einer Zertifizierungsstelle nach der DIN ISO/IEC 17024 mit Erfolg geprüft, kann er die Bezeichnung „zertifizierter Sachverständiger“ führen, hier z.B. für bebaute und unbebaute Grundstücke. Er hat also eine formale Bestätigung seiner Sachkunde, die mit der eines öffentlich bestellten Sachverständigen gleichgesetzt werden kann. Nach außen manifestiert sich die Bestätigung darin, dass er einen Stempel mit entsprechendem Hinweis führen kann. Die Anforderungen an die Zertifizierung entsprechen nach meinen Erfahrungen voll und ganz den Anforderungen, die für eine öffentliche Bestellung gestellt werden. [Fn. 21: Dem Verfasser lagen hier die Zertifizierungsregeln der Sprengnetter Zertifizierungsgesellschaft vor, die von der DAKKS akkreditiert worden ist.]

Die Zertifizierung wird i.d.R. befristet erteilt; nach Ablauf der Gültigkeit muss eine Rezertifizierung beantragt werden. Auch wird die Tätigkeit der Sachverständigen durch die Zertifizierungsstelle überwacht, z.B. durch Anforderung von Gutachten. Die Rechte und Pflichten der zertifizierten Sachverständigen sind in den zwischen ihnen und den Zertifizierungsstellen geschlossenen Verträgen geregelt. Die formale Kompetenzfeststellung für die Zertifizierungsstelle hängt von der Akkreditierung ab, die nicht alle Zertifizierungsstellen haben. Liegt sie vor, kann sie vom Sachverständigen im Wege der Zertifizierungsurkunde nachgewiesen werden.


Im Streitfall des FG Berlin-Brandenburg [Fn. 22: Urt. v. 17.1.2018 (Fn. 7), BeckRS 2018, 4489.] hatte der Sachverständige keine Zertifizierung vorzuweisen, die von einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle erteilt wurde. Er hatte lediglich ein „Zertifikat“ über eine erfolgreiche Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme vorzuweisen, die nur eine bloße Bescheinigung und keine Zertifizierung i.S.d. DIN ISO/IEC 17024 darstellt. [Fn. 23: Schlehe GuG 2015, 327 (332).] Gleichwohl sah das FG Anlass, das ganze Akkreditierungssystem für Zertifizierungen von Grundstücksachverständigen in Frage zu stellen. Die DAKKS sei nur befugt, Akkreditierungen im Bereich des Warenverkehrs und der Konformität von Produkten zum Zwecke des freien Warenverkehrs in der EU vorzunehmen, da gem. § 2 Abs. 1 AkkStelleG die Akkreditierungsstelle Verfahren nach Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 durchführe. Diese bezögen sich allein auf den Warenverkehr in der EU.
Die Gesetzesbegründung zum AkkStelleG und auch der Wortlaut der Verordnung vermögen diese enge Anwendung des AkkStelleG nicht zu rechtfertigen. Ziel des Gesetzes und der EU-Verordnung ist es, die Verfahren im Akkreditierungswesen für Waren und Dienstleistungen einheitlich zu regeln. Der Regelungsbereich geht also über den Warenverkehr hinaus und betrifft insgesamt die bislang gesetzlich und gesetzlich nicht geregelten Konformitätsbewertungen. [Fn. 24: Vgl. die Gesetzesbegründung, A. Allg. Teil I Nr. 2.] Mit dem AkkStelleG sollte ein gesetzlicher Rahmen für die Organisation des bislang zersplitterten Akkreditierungswesens in Deutschland geschaffen werden. [Fn. 25: Gesetzesbegründung, A. Allg. Teil I Nr. 3.]

3. Verfassungs- und unionsrechtliche Aspekte


Die Zurückweisung der Gutachten von nicht öffentlich bestellten Sachverständigen tangiert die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG. Wendet man die Grundsätze der Rechtsprechung zu den Regelungen der öffentlich bestellten Sachverständigen [Fn. 26: BVerfG v. 25.3.1992 – 1 BvR 298/86, BVerfGE 86, 28 (38), NJW 1992, 2621 (Bestellungsvoraussetzungen); BVerwG v. 3.2.1986 – 1 B 4.86, GewA 1986, 127, BeckRS 1986, 31274792; VGH München v. 28.1.2009 – 22 BV 08.1413, GewA 2009, 203, BeckRS 2009, 32074 (Altersgrenze von öffentlich bestellten Sachverständigen).] an, handelt es sich hier allein um einen Eingriff in die Berufsausübung und nicht um eine Beschränkung der Berufswahl. Der Eingriff besteht für die Sachverständigen ohne öffentliche Bestellung darin, dass sie in einem wichtigen Aufgabenfeld von der Begutachtung ausgeschlossen werden. Die Berufsfreiheit ist bereits dann berührt, wenn sich die Maßnahmen zwar nicht auf die Berufstätigkeit selbst beziehen, aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung (hier Sachverständigentätigkeit) verändern und infolge ihrer Gestaltung in einem so engen Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs stehen, dass sie objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben. [Fn. 27: BVerfG v. 13.7.2004 – 1 BvR 1298, 1299/94, 1332/95, 613/97, BVerfGE 111, 176, NJW 2005, 45.] Einschränkungen in die Berufsfreiheit sind durch Gesetz zulässig (Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG). Sie müssen allerdings durch vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls legitimiert und im Übrigen verhältnismäßig sein. [Fn. 28: Zum Sachverständigenwesen s. insoweit BVerfG 1 BvR 298/86 (Fn. 26), NJW 1992, 2621 mwN zur st.Rspr.] Daran bestehen hier erhebliche Zweifel. Die Rechtfertigung der FG für die Beschränkung der Sachverständigen laufen auf verwaltungstechnische Zwecke hinaus; diese genügen nach der Verfassungsrechtsprechung [Fn. 29: BVerfG 1 BvR 298/86 (Fn. 26), NJW 1992, 2621.] nicht für eine Einschränkung der Berufsfreiheit.
Unionsrechtlich sind die Einschränkungen zunächst einmal an den Grundfreiheiten zu messen. Sie sind insoweit unbedenklich, weil die einschlägigen Freiheitsrechte (z.B. Art. 56 AEUV – Dienstleistungsfreiheit) den grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr schützen, der hier nicht tangiert ist. Gleiches gilt für die Vereinbarkeit mit der europäischen Dienstleistungsrichtlinie [Fn. 30: RL 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt.], die u.a. durch § 36a GewO (öffentliche Bestellung von Sachverständigen mit Qualifikationen aus anderen EU-Staaten) umgesetzt wurde. [Fn. 31: Vgl. dazu Schönleiter GewA 2009, 384.] Rein technische Normen (z.B. ISO/IEC 17024) außerhalb des europäischen Rechtssetzungssystems (Verordnung, Richtlinie) sind hier für sich allein unbeachtlich.

 

4. Fazit


Verkehrswertgutachten zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG müssen von Grundstückssachverständigen oder den Gutachterausschüssen stammen. Die generelle Zurückweisung von Gutachten der Grundstückssachverständigen, die nicht öffentlich bestellt sind, ist rechtlich nicht vertretbar. Sachverständige, die ihre Sachkunde durch Prüfung und Überprüfung vor einer kompetenten Stelle nachgewiesen haben, müssen gleichbehandelt werden. Das System der Zertifizierung durch akkreditierte Stellen bietet neben der öffentlichen Bestellung von Sachverständigen eine zuverlässige Orientierung. Zu hoffen ist, dass BFH und FG hier ihre restriktive Haltung überdenken. Zudem ist zu bemerken, dass es bei den Sachverständigengutachten – das ist das entscheidende Kriterium – auf die inhaltliche Genauigkeit und Fehlerfreiheit ankommt. Für Steuerpflichtige und ihre Berater empfiehlt es sich, inhaltliche Zweifel an der Richtigkeit des vorgelegten Gutachtens gegenüber dem FA auszuräumen und ggf. den Sachverständigen zur Nachbesserung zu veranlassen."

 

Quelle:  Der Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts nach § 198 BewG durch Sachverständigengutachten - beck-online