Wer das Problem mit den dazugehörigen Ursachen nicht kennt, kann nicht erfolgreich nachhaltig sanieren.
Dazu ein Beispiel:
Eine Gründerzeitvilla bestehend aus 40cm mächtigem Ziegelmauerwerk wurde 2004 umfangreich saniert.
Kurz nach Bezug in das "sanierte" Gebäude beschwerten sich der Eigentümer und die Bewohner über die Feuchtebelastung in den Wohnräumen im Erdgeschoss und im Hobbyraum seines Untergeschosses. Der hinzugerufene Architekt und später noch ein "Bautrocknungsexperte" hatten durch Maßnahmen wie dem Einbau einer zweiten Betonschürze mit bituminöser Abdichtung vor der Kelleraußenwand und einer innenwandseitigen Montage von Calzium-Silikatplatten versucht, Abhilfe zu schaffen.
Es wurden jedoch keine grundlegenden Untersuchungen beispielsweise des Mauerwerks und seiner Porenstruktur und seinem Porenvolumen, zur Art der Durchfeuchtung, der Feuchteursache, der Feuchteverteilung, des Durchfeuchtungsgrades, möglicher vorhandener Salzbelastungen, anhand einer Bauzustandsanalyse durchgeführt.
Ende 2005 hat sich die Situation für den Eigentümer und (auch) des Bauwerks derart verschlechtert, dass ein massiver Schimmelpilzbefall an den Türstöcken und auf den Calzium-Silikatplatten beobachtet wurde. Die anschließend in Auftrag gegebene Bauzustandsanalyse hat zum Ergebnis geführt, dass an den Wänden noch in 2 m Höhe stark erhöhte Feuchtigkeitswerte (ca. 180l/cbm) vorhanden waren. Diese waren auf eine extrem hohe Salzbelastung und eine nicht fachgerechte Mauerwerkssanierung, fehlende Querschnittsabdichtung und deren erforderlichen Abdichtungsanschlüsse zurückzuführen.
Die Folge waren umfangreiche Sanierungsmaßnahmen der Sanierung. Alle Calziumsilikatplatten mussten entfernt werden. Horizontalabdichtungen mussten hergestellt werden. Das Mauerwerk musste aufwendig trocken gelegt werden, um anschließend ein Sanierputzsystemen zu applizieren. Dieser Schaden hätte vermieden werden können.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass ausschließlich anhand einer Bauzustandsanalyse eine fachgerechte Sanierung möglich ist. Auch wenn solche Untersuchungen mehrere Tausend-Euro Kosten verursachen können, so kostet eine fehlgeschlagene Sanierung nicht selten mehr als das 100-fache.
Siehe hierzu auch unser bei den Referenzprojekten gezeigtes Beispiel einer Sanierung der Sanierung von einer Gründerzeitvilla.
Auch im Falle eines Umbaus ist eine Bauzustandsanalyse erforderlich. Bei dem nachfolgend dargestellten Objekt soll ein historisches setzungsgefährdetes Bauwerk aus dem 19. Jhd. um ein volles in das Grundwasser einbindendes Untergeschoss erweitert werden.
Dazu müssen die Wände aus Mischmauerwerken unterschiedlicher Qualitäten auf ihre Festigkeiten und auf ihren Lastabtrag hin untersucht werden. Die Wände unterschiedlicher Mauerwerkszusammensetzungen sind auf Streifenfundamenten und Punktfundamenten unterschiedlicher Tiefe und unterschiedlicher Materialien gegründet. Üblich war zu der damaligen Bauzeit im 19. Jhd. solche Fundamente auch unter Hinzuziehung von Holzpfählen auszuführen. Um der Fäulnis vorzubeugen, mussten diese vollständig in das Grundwasser einbinden. Die Wände müssen nachträglich durch Stahlfachwerkbinderkonstruktionen ausgesteift und gehalten werden. Schlussendlich das Bauwerk temporär auf ein Stahlträgerrostsystem abgefangen wird. Dieses wiederum wird aufgelagert auf ein Tragsystem aus verpressten Mikrobohrpfählen.
Wir im Bauwesen errichten Bauwerke für planmäßige Nutzungszeiträume von 50 Jahren bis 100 Jahren und bei Infrastrukturbauwerken auch mehr. Aus dem Blickpunkt eines heute tätigen Architekten oder Bauingenieurs erscheint es selbstverständlich, dass Zemente und Zuschläge für die Zusammensetzung von Betonen in ihrer Herstellung auf ihre Eigenschaften hin überwacht werden und auch beim Einbau eine entsprechende Ausführungskontrolle erfolgt. Anhand der Anzahl, der aus der Überwachung vorliegenden Untersuchungsergebnissen lassen sich heute zuverlässige statistische Aussagen über die Baustoffeigenschaften und damit auch zu den Bauteileigenschaften ableiten. Allerdings mit der Einschränkung, dass mit der Entwicklung des Stahlbetonbaus vor rund 100 Jahren die Betone zunächst noch keine geregelten Eigenschaften aufgewiesen hatten und auch während der Bauausführung keine einheitliche Güteüberwachung erfolgte, so wie wir sie heute kennen.
Wasser-Zement-Werte und (die Entwicklung von) Druckfestigkeiten, Wassereindringtiefen, Temperaturentwicklungen, Einbaubedingungen, Nachbehandlung und vieles mehr wurden nicht erfasst, oder in unterschiedlichen Verfahren (Art und Weise) und/oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfasst. Wenn solche Werte vorliegen so ist zunächst zu überlegen, ob diese vergleichbar sind.
Über die zeitlichen Epochen bis hin zur heutigen Gegenwart hatte es zum einen unterschiedliche Ansätze in der Entwicklung und Überwachung von Zementen und Zuschlägen gegeben, zum anderen haben sich die technischen Möglichkeiten über die Jahre und Jahrzehnte erheblich verändert. Eine Betonrezeptur von 2010 ist eine andere, als eine von 1988 oder 1975, 1960 oder älter.
Genauso haben sich auch die Prüfverfahren in der Baustoffproduktion und während der Ausführung fortlaufend verändert.
Bei der Untersuchung von bestehenden Bauwerken muss sich der mit der Untersuchung befasste Ingenieur mit der Frage auseinandersetzen, wie groß muss der Untersuchungsumfang für welche Bauteile sein, um mit welcher Methode eine gesicherte statistische Aussage zu erhalten?
Unter welchen Annahmen und Voraussetzungen lassen sich die Untersuchungsergebnisse eines Bauteils überhaupt auf ein anderes Bauteil desselben Bauwerks übertragen?
Die heutigen Ansätze für den Probenumfang und die damit verbundenen statistischen Aussagen basieren auf dem heutigen Stand der Technik. Sie lassen sich aber nicht unbegründet auf Bauwerke aus der Vergangenheit übertragen.
Die Folge davon ist, dass man sich nicht nur mit den zum Zeitpunkt geltenden Baubestimmungen und Regelwerken auseinandersetzen muss, sondern auch mit den zu dem jeweiligen Zeitpunkt üblicher Weise durchgeführten Bemessungsverfahren, Bauverfahren, Materialien und Überwachungsmethoden.
Diese Anamnese gehört ausführlich recherchiert und in einem Untersuchungsbericht zur Bauzustandsanalyse beschrieben. Die Auswahl an Untersuchungen und Untersuchungsumfänge gehört nicht nur begründet, sie muss auch anhand von statistischen Untersuchungen belegt werden können. Die Aussagewahrscheinlichkeit der statistische Untersuchung für den jeweiligen Kennwert (Druckfestigkeit, Zugfestigkeit, Carbonatisierung, etc.) ist selbstverständlich ebenfalls nachzuweisen.
Gleiches gilt bei der Verbundbauweise selbstverständlich auch für den Baustoff Stahl. Stahl hat analog zum Beton eine erhebliche Entwicklung in den letzten 100 Jahren durchfahren.
Übrigens wurden nach den Erhebungen des statistischen Bundesamtes 2004 rd. 51% der heutigen Wohnbebauung im Zeitraum 1949 bis 1978 errichtet. Rund 1/4 der Gebäude des gesamten Wohnungsbestandes in der BRD sind vor 1948 errichtet worden.
Nach den Erhebungen der Bundesanstalt für Straßenwesen wurden von den heute (Stand 2019) vorhandenen 39.671 Brückenbauwerken an Bundesfernstraßen 55 % (21.913) bereits vor 1976 errichtet.
Quelle: bast
So zeigt die Verteilung der Errichtungszeiträume zu welchen Zeiten eine große Bauaktivität stattgefunden hatte bei denen die Regeln der Baukunst aus der jeweiligen Epoche angewendet wurden.
Stand: Januar 2019