Zum Kurzgutachten, welches keines ist (!), führt das „Praxishandbuch Sachverständigenrecht“ (§3 RN 21, 4. Auflage, C.H Beck-Verlag) aus:
„Die Erstellung so genannter Kurzgutachten ist kein Ausweg. Der Sachverständige ist nicht berechtigt, mit einer bloßen Ergänzung zur Bezeichnung seiner Gutachten sich der Verpflichtung zur Gewissenhaftigkeit zu entziehen. ... Der Sachverständige sollte deshalb in solchen Fällen auf seine öffentlich rechtliche Verpflichtung zur gewissenhaften Tätigkeit verweisen und die Übernahme von Kurzgutachten ablehnen.“
Schon der britische Sozialreformer und Sohn eines Sherry-Importeurs , John Ruskin, hatte im 19. Jhd. in seinem ihm zugeschriebenen Zitat festgestellt:
„Es ist unklug zu viel zu bezahlen, aber es ist noch schlechter, zu wenig zu bezahlen. Wenn Sie zu viel bezahlen, verlieren Sie etwas Geld, das ist alles. Wenn Sie dagegen zu wenig bezahlen, verlieren Sie manchmal alles, da der gekaufte Gegenstand - die Leistung - die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen kann.“ (Auszug aus dem „Gesetz der Wirtschaft“)
die Bedeutung, die der BGH - (Beschluss vom 06.05.2015 - VII ZR 53/13 (NJW-RR-2015, 1109f) - einem Privatgutachten im Prozess grundsätzlich einräumt, muss zwangsläufig Art und Inhalt solcher Gutachten beeinflussen, denn nur eine möglichst hohe Qualität von Privat- oder Parteigutachten und die größtmögliche Unabhängigkeit ihrer Verfasser können ihrem Stellenwert in der höchstrichterlichen Rechtsprechung gerecht werden. Und nur dann finden sie auch einen entsprechenden Raum in der freien Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen und können im Ausnahmefall sogar vom Gericht zu Beweiszwecken verwertet werden (BGH IBR 2008, 778).
Solche hohen Anforderungen an die Gutachten können nicht mit Kurzgutachten erreicht werden. Kurzgutachten und auch „online“-Bewertungen sind häufig mit entsprechenden Haftungsausschlussklauseln versehen. In Anbetracht der komplexen Materie von Bauschäden und Vermögenswerten distanzieren wir uns von der Erstellung von Kurzgutachten.
Albert M. Seitz auf dem 24. Freiburger Immobilientag zur Qualität des Gutachtens:
"... Im Mittelpunkt stünde dabei das Gebot der Sachaufklärung, der Begründung und der Kompetenzeinhaltung. Hiervon befreie auch das von Auftraggebern aus Kostengründen häufiger nachgefragte "Kurzgutachten" nicht.
Anhand von Fallbeispielen erläuterte Seitz mögliche Fehlerquellen in der Gutachtenerstellung wie Informationsdefizite infolge mangelnder Sachverhaltsaufklärung, nichtzutreffendes Erfassen von Sachverhalten, fehlerhafte methodische Ansätze oder formale Mängel ...."
Quelle: GuG 2 2018 S. 121
Die formalen und sachlichen Anforderungen an ein Gutachten können NICHT vom Zweck der Gutachtenerstattung abhängig gemacht werden.
Nicht der Zweck der Gutachtenbeauftragung bestimmt die Bearbeitungstiefe und den Bearbeitungsumfang.